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Mit KI vom Datensatz zum Datenschatz : Datum:

Künstliche Intelligenz gilt als „Game Changer“ für alle Wirtschaftsbereiche. Aber nur wenige Unternehmen in Deutschland setzen mangels Fachkräften auf KI – und viele fürchten den Anschluss zu verpassen. Das InnoVET-Projekt „KI B³“ startet jetzt mit der Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“ ein mehrstufiges Qualifizierungsangebot.

Roboterhand und Menschenhand berühren sich
Copyright: Adobe Stock/Gorodenkoff

Das unentdeckte Kapital von Unternehmen liegt nicht im Safe oder auf Konten. Sondern auf Servern.

„Unternehmen verfügen über ein enormes Potenzial an Daten, mit denen sie ihre Produkte und Prozesse weiterentwickeln und ihre Umsätze steigern können“, sagt Dr. Michael Vössing, Leiter des InnoVET-Projekts „KI B³“.

Der Schlüssel zu diesem Datenschatz ist Künstliche Intelligenz (KI). Als Teilgebiet der Informatik soll bei KI ein Algorithmus intelligentes menschliches Verhalten simulieren. Er zieht logische Schlussfolgerungen aus Daten, gibt Handlungsempfehlungen und trifft eigene Entscheidungen: Obst und Gemüse auf der Waage im Supermarkt erkennen, eingehende Rechnungen dem Lieferanten zuordnen, fehlerhafte Produkte aus industrieller Fertigung herausfischen.

Das Projektteam ist überzeugt: KI ist eine der großen technologischen Herausforderungen und kann als ein Game Changer angesehen werden für alle Branchen und Wirtschaftszweige. Aber jeder Schlüssel braucht jemanden, der ihn ins Schloss steckt und umdreht. Gesucht wird: eine Fachkraft mit Orientierungswissen zu Künstlicher Intelligenz. Sie muss die Qualität von Daten beurteilen und Chancen und Grenzen von KI einschätzen können.

KI bietet Potenziale für alle Unternehmen – aber Fachkräftemangel bremst

Hier setzt das Projekt „KI B³“ an: Mit seiner jetzt gestarteten Zusatzqualifikation (ZQ) „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“ will das Projekt bereits in der Ausbildung beginnen, Fachkräfte zu diesem Zukunftsthema zu qualifizieren. Und das branchenübergreifend: „KI bietet für jedes Unternehmen Potenziale. Sie wird alle Bereiche des wirtschaftlichen Lebens beeinflussen und ist nicht auf einzelne Branchen bezogen“, sagt Dr. Michael Vössing.

Rund 70 Auszubildende aus kaufmännischen und gewerblich-technischen Berufen verschaffen sich mit der ZQ in neun Monaten an mehreren Pilotstandorten in Baden-Württemberg Durchblick zum Thema. Der ist dringend nötig: Je 62 Prozent der Unternehmen nennen laut einer aktuellen Bitkom-Studie den Mangel an qualifiziertem Personal sowie an Daten als größte Hemmnisse für den KI-Einsatz. Zwar sehen zwei Drittel der Befragten Künstliche Intelligenz grundsätzlich als Chance, aber nur neun Prozent setzen KI tatsächlich ein.

Wie funktioniert Künstliche Intelligenz und welche Möglichkeiten bietet sie?

Das InnoVET-Projekt „KI B³“ entwickelt und erprobt die neue Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“. Berufsschullehrerin Michèle Fink unterstützt die Auszubildenden, bei den anspruchsvollen Lerninhalten den Durchblick zu behalten. Im Video erklärt sie, wie Künstliche Intelligenz funktioniert und welche Möglichkeiten sie Unternehmen in der Praxis bietet.

: Video : 01:28

ZQ legt Basics für KI-Einsatz im Unternehmen

Die ZQ im Umfang von 100 Lerneinheiten je 45 Minuten setzt daher bei den Basics an und schafft ein Grundlagenwissen. Die Unternehmen erwarten nämlich, dass KI-Einsatz nicht allein von der IT-Abteilung gestaltet wird, sondern gemeinsam mit den Fachbereichen, die die Bedarfe kennen. „Es ist wichtig, dass der Mensch aus dem Fachbereich sich mit dem IT-Menschen unterhalten kann“, erklärt Anja Weigmann von der IHK Reutlingen. Es geht darum, mitreden zu können.

Beteiligte Berufsschulen

In der Konzeptionsphase und bei der Pilotierung der ZQ sind folgende Berufsschulen der Modellregionen beteiligt:

  • John F. Kennedy Schule, Esslingen
  • Berufsschulzentrum, Leonberg
  • Carl-Benz-Schule, Gaggenau
  • Walther-Groz-Schule, Albstadt
  • Philipp-Matthäus-Hahn-Schule, Balingen

In Modul 1 geht es daher um Grundbegriffe der Künstlichen Intelligenz: Was sind Daten? Was sind Agenten? Was unterscheidet starke und schwache KI?
Modul 2 klärt Grundbegriffe der Datenanalyse und zu Maschinellem Lernen: deskriptive Statistik, einfache Lernverfahren, Regression oder Entscheidungsbäume werden anschaulich vermittelt. In einem Praxisabschnitt schauen die Auszubildenden im eigenen Unternehmen, was potenzielle Anwendungsbereiche für KI sein könnten.
Modul 3 schult im Umgang mit Daten: Was sind Datenbanken? Was ist ein Algorithmus und wie grenzt er sich zu KI ab? Welche Sicherheitsstufen brauche ich im Unternehmen?
Modul 4 thematisiert die Chancen und Risiken der Künstlichen Intelligenz: Datenschutz und Erklärbarkeit stehen hier im Mittelpunkt.

„Ziemlich einzigartig“: Hoher Anteil digitales Selbstlernen

Vermittelt werden die Lerninhalte im Idealfall zu 70 Prozent über digitales Selbstlernen mit einem von der Universität Stuttgart entwickelten Moodle-Kurs. „Für eine von der IHK geprüfte ZQ ist das ziemlich einzigartig“, erklärt Anja Weigmann. Denn in der Regel finden ZQs am Lernort Berufsschule komplett in Präsenz statt. Bei der ZQ von KI B³ wird hingegen nur ein kleiner Teil der Inhalte in der Berufsschule vermittelt.

Michèle Fink ist Lehrerin für Informatik und Betriebswirtschaftslehre an der John-F.-Kennedy-Schule in Esslingen, einem der Pilotstandorte. Sie und ihre Kollegin bauen dort zwischen den Inhalten des Moodle-Kurses immer wieder Reflexionstermine ein: „Die Teilnehmenden kommen dort über das bearbeitete Thema ins Gespräch und wir sehen, ob sie den Lernstoff verstanden haben.“ Aus ihrer Sicht ein sinnvolles Konzept: „Die Lehrerinnen und Lehrer können so gezielt unterstützen, wenn Begriffe auftauchen, bei denen Schülerinnen und Schüler große Augen bekommen.“

So macht „KI B³“ Unternehmen fit für den KI-Einsatz

Die Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“ des InnoVET-Projekts „KI B³“ ist der erste Baustein eines dreistufigen Qualifizierungsangebotes zum Zukunftsthema „KI“. Projektmitarbeiterin Anja Weigmann von der IHK Reutlingen erklärt, wie die ZQ und die Fortbildungsabschlüsse „Geprüfter Berufsspezialist“ und „Bachelor Professional“ ineinandergreifen und Unternehmen fit für den KI-Einsatz machen.

: Video : 01:08

Unternehmen begrüßen mehrstufiges Angebot: Geprüfter Berufsspezialist und Bachelor Professional ab 2023

Die ZQ soll aber nur der Anfang eines umfassenden Qualifizierungsangebotes sein: Es folgen im kommenden Jahr Fortbildungen zum Geprüften Berufsspezialisten sowie zum Bachelor Professional. Die Leistungen aus der ZQ werden auf beide Abschlüsse angerechnet: „Hier muss rasch Fachkräftequalifizierung vonstattengehen“, sagt Dr. Michael Vössing. Die Zeit drängt, denn die Bitkom-Studie zeigt auch: 43 Prozent der Unternehmen sehen sich beim Thema KI unter den Nachzüglern, und 42 Prozent glauben sogar, den Anschluss verpasst zu haben.

Aber verloren ist noch lange nichts – im Gegenteil: Alle vom Projekt interviewten Unternehmen, ob KMU oder Großunternehmen, begrüßen die Einführung der ZQ und der beiden Fortbildungen. Gerade bei KMU kommt das neue Angebot gut an: „In kleinen und mittleren Unternehmen sollen vor allem die bestehenden Mitarbeitenden aufgeschlaut und fortgebildet werden“, berichtet Anja Weigmann von den strategischen Überlegungen. „Unternehmen können über die ZQ ein erstes Incentive setzen, indem sie einen Qualifizierungsweg in der beruflichen Bildung aufzeigen“, sagt Dr. Michael Vössing. Unternehmen machen sich damit attraktiv und können ihre Talente an sich binden.

Bei großen internationalen Unternehmen würden für Themen wie KI aktuell eher Universitätsabsolventen eingestellt. Michael Vössing betont allerdings: „Wir stehen nicht in Konkurrenz zur akademischen Bildung. Wir sagen aber selbstbewusst, dass die berufliche Aus- und Fortbildung aus der Berufsfachlichkeit heraus einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten kann.“

Transfer erwünscht: Lerninhalte als Angebot für Bildungsanbieter

Das Projekt selbst tritt übrigens nicht selbst als Lehrgangsanbieter auf, sondern schafft mit der ZQ und den Fortbildungen ein Angebot für Bildungsanbieter: Sie können die digitalen Lerninhalte auf der Moodle-Plattform sowie die Rahmenpläne nutzen, um die Kurse selbst durchzuführen. Die Bildungsanbieter sind frei darin zu entscheiden, wie sie die Lerninhalte vermitteln und das Verhältnis von Präsenz- und Selbstlernen gestalten. Notwendig ist natürlich immer eine entsprechende Rechtsvorschrift bei einer IHK, damit Prüfungen stattfinden können.

Ziel des Projektes ist, dass die ZQ und die Fortbildungen noch in der Projektlaufzeit bis Ende 2024 neben den drei Modellregionen Reutlingen, Karlsruhe und Stuttgart auch an den übrigen neun IHK-Standorten in Baden-Württemberg angeboten und geprüft werden können.

So sollen schon bald viel mehr Unternehmen die Potenziale von KI nutzen – und ihren Datensatz zum Datenschatz machen.

Mehr Informationen

  • Einen Überblick über das InnoVET-Projekt „KI B³“ bietet das Projektprofil.
  • Ausführliche Informationen zum Projekt, zur Zusatzqualifikation „Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen“ sowie zu den Fortbildungen zum Geprüften Berufsspezialisten sowie zum Bachelor Professional gibt es unter ki-fortbildung.de.

Autor: Benjamin Dresen